Stell dir vor: Du hast Bockmist gebaut. Dein Kind für etwas bestraft, das es gar nicht ausgefressen hat. Du hast es angeschrien, weil du selbst mit den Nerven am Ende warst. Dabei war der Anlass nur eine Kleinigkeit. Oder du hast deinem Kind eine Ohrfeige gegeben. Der Schaden ist da. Nicht mehr rückgängig zu machen. Du weißt, es war falsch. Sollst du dich bei deinem Kind entschuldigen?
Ein klares Nein! Warum?
Es ist sehr in Mode, sich zu entschuldigen. Und es gibt auch ein gutes Gefühl zu sagen: „Entschuldigung“, und der andere sagt: „Schon ok.“
Wer hat dann aber das gute Gefühl? Der, der den Bockmist gebaut hat, oder der Leidtragende?
Genau. Entschuldigen hilft dem Schuldigen. Denn er wird Ent-Schuldigt, er wird die Schuld los. Und das ist nicht in Ordnung. Zum Erwachsensein gehört nämlich, Schuld zu tragen, wenn man sie hat. Denn sonst ist das Kind doppelt beschädigt: Erstens durch die ungerechte Strafe. Zweitens soll es dem anderen dann auch noch die Schuld abnehmen?
Was tut gut in einer solchen Situation? Zugeben, dass es falsch war. Und versuchen, es wieder in Ordnung zu bringen. Zum Beispiel so: „Ich habe dich bestraft, obwohl du es nicht warst. Ich habe dich zu Unrecht verdächtigt. Das tut mir sehr Leid. Ich werde dir künftig besser zuhören.“ Das reicht. Das Kind braucht mich nicht zu entschuldigen, und es muss nicht gleich versöhnt sein. Wenn es mir erst einmal weiterhin böse ist, ist das ok. Das gehört dazu, wenn man einen Fehler macht. Erwachsen sein heißt, das auszuhalten.