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War der Täter von Kandel ein Flüchtling? Oder war es eine Beziehungstat?

War der Täter von Kandel ein Flüchtling? Oder war es eine Beziehungstat?

Warum diese Fragen völlig am Problem vorbei gehen

Darf man schreiben, dass der junge Mann, der diese Woche in Kandel seine Ex-Freundin erstochen hat, ein Flüchtling war? Oder gießt man damit Wasser auf die Mühlen der AfD? Oder ist es bei einer Beziehungstat eh egal, woher der Täter von Kandel kommt, weil das gebrochene Herz das Messer geführt hat?

Was für ein Quatsch!

 

Was sind das für Menschen, die Probleme mit der Waffe lösen?

Die eigentliche Frage ist doch: Was sind das für Menschen, die Konflikte mit der Waffe lösen, oder die eine Kränkung mit Gewalt ausmerzen möchten? Ja, das sind nicht nur Männer aus anderen Kulturen. Auch deutsche. Überwiegend Männer. Hie und da ist es auch mal eine Frau. Jedenfalls wenn man schaut, wer in so genannten „Beziehungstaten“ oder auch „Familiendramen“ die Waffe führt.

Betrachten wir die Konstellationen ehrlich:

Begehen Frauen solche Taten, haben sie in der Regel ein jahrelanges Martyrium hinter sich. Gewalt, Drohungen, Eingesperrt-Sein, meistens auch Gewalt gegen die Kinder, auch sexuelle. Sie sehen in der Flucht keine Möglichkeit (selbst wenn es diese vielleicht objektiv gäbe) und entledigen sich eines Partners, mit dem sie noch zusammen sind, um sich oder ihre Kinder zu schützen.

Begehen Männer solche Taten, sind sie in der Regel verlassen worden, oder ihre Partnerin droht damit zu gehen.

Das heißt nicht, dass Frauen von Natur aus bessere Menschen sind als Männer.

 

Testosteron ist es nicht

Aber: Frauen werden meist anders sozialisiert. Und das spielt eine extrem wichtige Rolle bei der Frage, welche Persönlichkeit sie als erwachsene Menschen entwickelt haben, und wie sie mit Niederlagen und Verlusten umgehen.

Prägend sind hier die Eltern, die Werte in der Familie, aber eben auch die der Gesellschaft und der Religion, denen diese Kinder angehören. Kinder werden in verschiedenen Kulturkreisen wie auch in verschiedenen religiösen Gruppen sehr unterschiedlich sozialisiert. Die Werte differieren, und auch die Rollen, die man Männern und Frauen zuweist. Und das spielt in der Psyche der Täter selbstverständlich eine Rolle. Viel mehr als das oft zitierte Testosteron. Denn weshalb würde es sonst jedes Jahr Millionen von Männern gelingen, eine Trennung zu überwinden, ohne der Expartnerin mit einem Messer oder einer Pistole aufzulauern? Haben die etwa alle kein Testosteron?

Täter in Beziehungstaten sind überwiegend Männer, die sich Frauen überlegen fühlen. Die das als eine Art Naturgesetz empfinden. Die Frauen als Gehorchende oder Dienende sehen, die es als ihr Recht empfinden, die Frau zu haben und zu behalten. Entweder, weil die eigenen Eltern ihnen das so vorgelebt haben. Oder weil es in ihrer Kultur oder ihrer Religion (in der Regel beidem), so gelebt und gelehrt wird. Es sind Männer, die häufig narzisstisch sind, und die mit Kränkungen insgesamt nicht gut umgehen können. Die Zurückweisungen nicht akzeptieren können, und die dann die Kränkung ausmerzen, indem sie das kränkende Subjekt, sprich den Menschen, vernichten. Das passiert nicht nur in Beziehungen: Solche Männer können auch beruflich absolut gnadenlos sein und Konkurrenten brutal aus dem Weg räumen. Werden sie aber von der Partnerin verlassen, ist das häufig die tiefste vorstellbare Kränkung.

Männer, die früh lernen, dass sie nicht über anderen Menschen stehen, dass es nicht vorrangig darum geht, sich durchzusetzen, sondern darum, gute Lösungen für alle zu finden, Menschen (Männer wie Frauen), die gelernt haben, dass sie nicht auf alles ein Anrecht haben, was sie sich wünschen, können mit Enttäuschungen im Erwachsenenleben meist ausreichend gut umgehen, so dass sie nach einer Trennung vielleicht trauern, sich vielleicht einigeln, vielleicht den Boxsack kaputthauen, aber eben niemanden zusammenschlagen oder gar umbringen.

 

Spielt es eine Rolle, aus welcher Kultur man kommt?

Und ja, an dieser Stelle müssen wir uns auch die Frage stellen, wie in unterschiedlichen Kulturen erzogen wird. Wir müssen uns fragen, welche Werte Kinder mitbekommen, Jungs und Mädchen, in diesem Fall in Afghanistan. Und wie prägt es die Persönlichkeit von jungen Menschen, wenn sie in einer Gesellschaft aufwachsen, in denen Frauen ganz offiziell das Eigentum ihrer Väter oder Brüder und später Ehemänner sind, ohne deren Erlaubnis sie nicht einmal eine Freundin besuchen geschweige denn ihren Mann verlassen dürfen? In einer Kultur, in der Frauen in vielen Gegenden die Burka tragen müssen, um Männer durch einen Zentimeter herausblitzender Haut nicht unangemessen sexuell zu reizen. Und wie wir darauf reagieren können, wenn Menschen, für die das jahrelang Realität war, nun bei uns leben. Ob es reicht, sich unterstützend um sie zu kümmern und ihnen ein Zuhause zu geben und ihnen freundlich zu erklären, dass bei uns Männer und Frauen gleich viele Rechte haben.

 

In rückschrittlichen Kulturen gibt es mehr Gewalt

Und nein, das ist keine Kritik am Islam an sich, wie vielleicht der ein oder andere nun behaupten will. Es ist eine Kritik an den Werten in rückschrittlichen Kulturen, auch islamischen, wie es sie in derzeit wieder vermehrt gibt. Es ist eine Kritik genauso an den Werten rückschrittlicher christlicher Gruppen oder anderer extremistischer Gruppierungen. Denn all diese gründen sich darauf, selbst irgendwie besser oder wichtiger oder gottgefälliger zu sein als irgendeine andere Gruppe, seien es nun Frauen oder Juden oder Schwarze oder Behinderte. In all diesen Gruppen gilt Gewalt gegen die, die „weniger wert“ sind als probates Mittel, überall dort gelten strenge Hierarchien, überall dort werden Verstöße gegen diese Hierarchien mit körperlicher oder psychischer Gewalt geahndet.

Fragen wir uns also: Wie ziehen wir Kinder groß? Welche Bilder und Selbstverständlichkeiten leben wir ihnen vor? Wie tolerant dürfen wir gegenüber intoleranten Gruppen sein? Wie können wir dafür sorgen, dass es selbstverständlich wird, dass Jungen wie Mädchen zu mehr Verantwortung für andere erzogen werden, und dass Kinder, egal wo, nicht in dem Bewusstsein groß werden, der Nabel der Welt zu sein? Und dass sie, wenn sie sich aus der Kindheit in die Jugend verabschieden, gelernt haben, wie man gewaltfrei und konstruktiv mit Konflikten und Enttäuschungen umgeht?

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