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Verschleppte Trauer macht depressiv

Verluste sind schmerzhaft. Verlieren wir einen geliebten Menschen, kann der Schmerz so stark sein, dass das Gefühl entsteht, diesen Schmerz nicht aushalten oder überleben zu können. Also wollen wir ihn vermeiden. Vielleicht haben wir auch in der Vergangenheit schon gelernt, Schmerzen aus dem Weg zu gehen.

Diese Vermeidung geschieht in der Regel nicht bewusst, also nicht absichtlich. Wir denken nicht: „Oh, dieser Schmerz ist heftig, den will ich jetzt nicht, also mache ich mal das oder das.“ Es geschieht unwillkürlich, also unbewusst, und gerade wenn wir viel Erfahrung darin haben, Schmerz nicht zu spüren, wo er aber eigentlich da ist, kann es sein, dass wir ihn so schnell unterdrücken, dass wir gar nicht gemerkt haben, dass er da ist.

Welche Strategien werden genutzt, um Schmerz nicht zu spüren?

  • Die Suche nach einem Schuldigen. Diese Strategie hat sich bei uns nicht nur für einzelne, sondern auch gesellschaftlich durchgesetzt.
  • Rationalisieren und erklären. Wir erstellen vernünftige Erklärungen und logische Zusammenhänge, die dazu führen, dass der Verlust eigentlich gar nicht so schlimm ist. „Er war ein alter Mann und hatte ein gutes und erfülltes Leben“ ist leichter auszuhalten als „Mein Opa hat mir immer das Gefühl gegeben, geborgen zu sein; ich vermisse ihn unendlich.“ Oder: „Sie hat so sehr gelitten, der Tod war eine Erlösung für sie.“
  • Aktionismus. Wir stürzen uns in Aktivität, machen ganz viel oder reden ständig. Das bewahrt uns davor, unsere Gefühle zu spüren.

Du hast richtig gelesen: Ich schreibe immer wieder davon, dass wir mit diesen Strategien Schmerz nicht spüren. Ich schreibe nicht, dass wir ihn damit auflösen. Er ist nämlich immer noch da in den Hinterzimmern unserer Seele und führt dort ein Eigenleben. Ihn zu unterdrücken, die Türen zu diesen Hinterzimmern geschlossen zu halten, erfordert permanent Energie. Viele lebendige Impulse müssen unterdrückt werden, um die Türen darin zu hindern aufzubrechen. Denn das ist es, was natürlicherweise geschehen möchte: Der Schmerz möchte hinaus, um seinem natürlichen Weg zu folgen. Welcher ist das?

Erleben wir einen großen Verlust, so schmerzt uns dieser. Schmerz ist ein körperliches Phänomen. Natürlich denken wir auch dabei, „es ist schlimm“ oder „darüber komme ich nicht hinweg“, aber vor allem geschieht etwas im Körper: Er zieht sich zusammen, Tränen fließen, es schluchzt, Schreie brechen sich bahn, es schüttelt uns, Der Körper schlägt um sich, schlägt vielleicht auf ein Kissen ein, wir raufen uns die Haare, wir rennen kilometerweit, der Magen kann kein Essen vertragen, wir schlafen einige Tage kaum, irren umher, sehen anders als bisher, sind in einem völlig veränderten Zustand.

In unserer Gesellschaft, in der es populär ist, sich zu beherrschen, sind solche rudimentären Gefühle vielen Menschen peinlich. Viele Menschen haben Angst davor und haben das Gefühl, sich in dem Schmerz aufzulösen. Es ist auch ein Stück weit so. Wie ein Feuer tobt der Schmerz durch den Körper, wenn wir ihn lassen, und hinterlässt uns verändert. Häufig kommt und geht dieser Schmerz wie in Wellen, erst häufig und lange, dann seltener und schwächer, bis wir merken: Da wo der Schmerz war, ist ein Gefühl von Frieden und Leichtigkeit entstanden. Das ist mit Loslassen gemeint. Damit das gelingt, müssen wir uns dem Schmerz ausliefern und nichts weiter tun.

Wenn wir das nicht machen, wird Schmerz unterdrückt, wir spüren ihn nicht, aber er ist immer da und wirkt als permanente Bremse der Lebendigkeit. Meist entsteht daraus irgendwann eine Depression: Unterdrückte Lebendigkeit.

 

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