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Was heißt eigentlich „Depression“?

Mein Lehrer Wolf Büntig spricht häufig von der normalen Depression. Er meint damit nicht, dass es normal sei, dass man depressiv wird. Sondern, dass es eine Form von Depression gibt, die wir ganz normal finden. Und unter der sehr viele Menschen leiden, die gar nichts davon wissen – weil sie diesen Zustand ja ganz normal finden und sich an nichts anderes erinnern.

Achtung: „Normal“ bedeutet nicht „gesund“. Normal bedeutet: Es ist die Norm, es ist so häufig, dass sich niemand darüber Gedanken macht. Man hinterfragt es nicht, es ist eben so.

Schauen wir uns das Wort Depression einmal genauer an. Es stammt vom Lateinischen „depressio“ ab, das wir aus dem Französischen: „dépression“ ins Deutsche übernommen haben. Depressio bedeutet eine Handlung des „Unterdrückens“.

Depression bedeutet, dass du etwas wegdrückst. Das kann Lebendigkeit sein, weil du gelernt hast, dass du dich unbeliebt machst, wenn du deine ganze Power auslebst und zeigst. Das kann ein bestimmter Lebensbereich sein, für den scheinbar kein Platz ist. Das kann eine unangenehme Tatsache in deinem Leben sein, die du gar nicht sehen willst und deshalb ausblendest. Vielleicht unterdrückst du deine künstlerische Ader oder deine Sexualität, oder ein Sehnen, dem du in deinem Leben keinen Platz gibst. Vielleicht unterdrückst du Gefühle, die du nicht fühlen willst, weil sie schmerzhaft sind. Vielleicht unterdrückst du dich selbst und versuchst jemand anderes zu sein als du wirklich bist. Vielleicht versuchst du, „normal“ zu sein, so, wie es von dir erwartet wird, oder wie du denkst, dass es normal sei.

Das ist die normale Depression. Wir leben mit gedrosselter Kraft und unterdrücken vieles, das eigentlich gelebt werden will. Oft unterdrücken wir es so gut, dass wir selbst von dem Unterdrücken gar nichts mehr merken. Aber merken: Irgendwie fühlen wir uns nicht gut, oder wir fühlen uns überhaupt nicht mehr richtig. Aber es gibt viele Tröster: TV, das Internet, das Glas Wein am Abend, das Lästern über die anderen und so fort.

Wenn das Unterdrücken zu lange dauert oder etwas wegfällt, das uns bisher noch lebendig gehalten hat (vielleicht wegen einer Krankheit), dann wird die Depression so schlimm, dass sie uns durch einen Fachmann diagnostiziert wird. Nun sind wir offiziell krank. Aber die eigentliche Depression hat schon viel früher begonnen.

Die gute Nachricht dabei: Sie ist auch wieder rückgängig zu machen. Wenn du Dinge tust, bei denen du dich ganz lebendig fühlst, geht sie weg. Deshalb kann es so heilsam sein, mitten in einer schweren Depression auf eine Reise zu gehen, in der du auf dich gestellt bist und garantiert Dinge erlebst, die du nicht planen kannst: Mit dem Rucksack durch Asien, wandern auf dem Jakobsweg, mit Interrail durch Europa, in einer andere Stadt mit Unterkunft bei einem fremden Menschen, der seine Couch zur Verfügung stellt. Und es gibt viele andere Wege. Denn sobald du gezwungen bist, in das Leben einzutauchen, dich einzulassen, bist du wieder ganz da. Du fühlst dich wieder, bist wieder in Kontakt, fühlst das Leben. Und das ist das Gegenteil der normalen Depression.

Über die posttraumatische Depression schreibe ich demnächst. Bei ihr handelt es sich um etwas anders.

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